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Kommunalwahlen 2002                                            

 

 

 

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Klare Positionen bevorzugt

Als Fazit der jüngsten Kommunalwahlen in Italien kann man festhalten: Die Kräfteverhältnisse zwischen den beiden großen politischen Lagern haben sich nicht im Wesentlichen verändert. „Gewonnen" haben in beiden Lagern jene Formationen, die pointierte Auffassungen vertreten: in der Mitte-Rechts-Koalition (centrodestra) - im Norden - die „separatistische" Lega nord, im Mitte-Links-Bündnis (centrosinistra), das auf nationaler Ebene seit einem Jahr in der Opposition ist, die aus der kommunistischen Partei hervorgegangene DS (Democratici di Sinistra).

Neben den Parteien präsentieren sich in wachsendem Umfang auch Bürgerlisten. Die wohl Ungewöhnlichste diesmal in dem Örtchen Chianche in der Provinz Avellino: „Democrazia e partecipazione" (Demokratie und Beteiligung) - neun Frauen; als Spitzenkandidatin für das Amt der Bürgermeisterin eine 93jährige.

I Verdi, die Grünen, haben ein ähnliches Ergebnis wie bei den letzten Kommunalwahlen erzielt. In den sieben Provinzen, in denen sie allein angetreten sind, haben sie diesmal 2,4% erreicht gegenüber 2,2% zuvor bzw. gegenüber 1% bei den nationalen Wahlen; ähnlich in den achtzehn Städten, in denen sie eigenständig kandidiert haben. Dass sie im Vergleich zu den nationalen Wahlen vor einem Jahr mehr als doppelt so viele Stimmen erhalten haben, interpretiert Präsident Alfonso Pecorario Scanio als erstes Zeichen einer „Trendwende".

Diesmal war in 10 Provinzen (entspräche in Deutschland den Landkreisen) und 967 Gemeinden - darunter 26 größere Städte - gewählt worden. In der ersten Runde gingen 4 Provinzen und 11 Städte an die centrodestra und 3 Provinzen und 6 Städte an die centrosinistra. Insgesamt sind 61 Bürgermeister der centrodestra und 42 der centrosinistra gewählt worden. Im Weiteren entscheiden Stichwahlen über das Amt des Bürgermeisters bzw. des Provinz-Präsidenten.

Die Opposition hat vorerst von den relevanten Abstimmungen nur Provinz und Stadt Reggio Calabria verloren - weil die UdEur hier ins Lager Berlusconis gewechselt ist. Dazu gewonnen hat sie das Bürgermeisteramt von Brindisi.

Da insgesamt rund 12 Millionen WahlbürgerInnen zu den Urnen gerufen waren, könnte man das Ergebnis auch unter dem Aspekt „ein Jahr Regierung Berlusconi" betrachten. Allerdings hatten sich diesmal beide Lager gehütet, von einer „Testwahl" zu reden. Die Regierung wollte vermeiden, dass sich die Auseinandersetzungen der letzten Monate, insbesondere um die Arbeitsmarktpolitik, niederschlügen. Die Opposition hatte kein Interesse daran, die Wahlen als Test zu deuten, da es ihr in den letzten Monaten nicht gelingen war, in den von Gewerkschaften und Intellektuellen angeführten Protesten gegen die Regierungspolitik ein eigenständiges Profil zu gewinnen.

Einen Erfolg interpretieren sowohl die Grünen wie die gesamte Oppositionskoalition dennoch jetzt als Votum von nationalem Rang: Die Wiederwahl des Bürgermeisters von Genua mit 60% - als Quittung der Genueser für die Repressalien und Übergriffe während des G 8-Gipfels im vergangenen Jahr. Bei den vorangegangenen Wahlen hatte Giuseppe Pericu knapp die Stichwahl gewonnen; diesmal hat allein die DS schon 35% erreicht.

Im Norden haben die Parteien der Regierung leicht verloren. Pecarario Scanio sieht dies als Erfolg der dortigen Strategie, sowohl die kommunistische Partei Fausto Bertinottis wie die Partei des ehemaligen Mailänder Staatsanwalts Antonio Di Pietro lokal einzubinden.

Insgesamt hat Berlusconis Forza Italia mit nur 20,8% zwar gegenüber den 29,1% der nationalen Wahlen erheblich verloren, bei den letzten Provinzwahlen aber mit 22% eine vergleichbare Größenordnung erzielt. Die Alleanza nazionale hat gegenüber beiden Wahlen rund ein Prozent verloren. Die Lega nord dagegen hat mit 9,7% immerhin gegenüber dem nationalen Ergebnis von 8,7% zugelegt, wenngleich sie weit entfernt bleibt von den Traumergebnissen, die sie in ihren separatistischen Hochzeiten im Norden erzielte.

Innerhalb des Oppositionsbündnisses haben sich die Kräfteverhältnisse zugunsten der DS verschoben: Sie hat mit ihren 18% gegenüber den letzten Kommunalwahlen knapp 2% und gegenüber den nationalen Wahlen gar fast 3% gewonnen. Die Gruppierung der „gemäßigten" Kräfte - Margherita - hat dagegen mehr als 3% gegenüber den nationalen Wahlen eingebüßt, bewegt sich aber mit 10,3% im Rahmen ihrer früheren kommunalpolitischen Ergebnisse.

© Annemarie Nikolaus, Juni 2002

 

 

 

Copyright © 2001 Annemarie Nikolaus
Stand: 28/12/06