... - nicht
bloß) eine Partei." Sinngemäß dies ließ Silvio Berlusconi einem
Beschluss seines Direktoriums im April hinzufügen. Mehr denn je war er
überzeugt, dass der PdL auf dem Weg zur absoluten Mehrheit im
Land sei. Deswegen haben alle stets der Partei zu folgen.
Mehr als ein
Jahr nach der Gründung des PdL fand diese erste Sitzung statt
– und hinterließ bei manchen den Eindruck, es könnte auch die letzte
gewesen sein.
Mit-Gründer
Gianfranco Fini trat zur offenen – und vor allem öffentlichen -
Feldschlacht an. Aber er unterlag in der Abstimmung um die
innerparteiliche Demokratie. Nicht einmal alle ex-AN-Leute sind
ihm gefolgt: Keine Strömungen (correnti), keine
Minderheitspositionen erlaubt. Wer sich nicht daran hält, riskiert den
Parteiausschluss.
Hat Fini,
der sonst so kluge Taktiker, also einen Schritt zu viel getan? Oder zu
früh?
Gerade hat centrodestra
die Regional- und Kommunalwahlen sehr viel deutlicher gewonnen, als
Umfragen erwarten ließen. Es scheint, die ItalienerInnen haben sich von
den Skandalen, Fehltritten und Ermittlungen des letzten Jahres nicht
abschrecken lassen. Der PdL hat entsprechend gefeiert.
Sieht man
genauer hin, stellt man allerdings fest, dass er einfach weniger unter
Wählerflucht zu leiden hatte als die Opposition. Einen echten Erfolg
kann bloß die Lega verbuchen. Umberto Bossi als Bürgermeister
für Mailand war zwar nur für Stunden eine Option; aber die
Durchsetzung des Föderalismusprinzips für die Staatsfinanzen hat er
jetzt in greifbarer Nähe.
Das genau
ist Finis Problem. So wie Bossi sich die Reform vorstellt, soll damit
die Alimentierung des Mezzogiorno beendet werden. So sehr die
Ineffizienz ein Skandal ist; für Fini wiegt schwerer, dass die Kluft
zwischen Nord und Süd weiter wachsen würde, überließe Rom den Süden
sich selbst. Der PdL kann aber erst aus den Klauen der Lega
befreit werden, wenn sich die grundsätzlichen Lager-Konstellationen
ändern.
Bossi hat
triumphiert und bedauert, dass Berlusconi Fini nicht gleich zum Teufel
gejagt hat. Das aber mag er sich nicht leisten, auch wenn er allen
vorrechnet, dass er ohne Fini und seine Getreuen weiter regieren könne.
Besser, Fini gibt ihm einen formalen Grund; etwa mit der Gründung einer
„autonomen Gruppe" – Fraktion - in den Parlamentskammern.
Der denkt
nicht daran. Er hat sogar den stellvertretenden Vorsitzenden der PdL-Fraktion
geopfert: Italo Bocchino hatte die Gründung der Gruppe vorbereitet Fini
bedauert längst, dass er die AN zugunsten des PdL
aufgelöst hat; den er jedoch nicht Berlusconi überlassen will. Sagt
er.
Waffenstillstand.
Niemand will Neuwahlen; auch die Opposition nicht. Der Pd ist mit
sich selbst beschäftigt nach der Wahlschlappe und hat zudem keine
Ahnung, wo er derzeit einen Partner für eine parlamentarische Mehrheit
herbekäme, denn überall dort, wo die UdC mit ihm koaliert hat,
hat sie Wähler verloren.
Aber Fini
ist doch Fini. Anfang April hat Bocchino mit seinem Segen „Movimento
Italia" gegründet, gedacht als Bewegung, die über die alte AN
hinaus reichen und innerhalb des PdL wirken soll. Ein wenig
schwierig nach dem offiziellen Bann des correntismo, aber
Bocchino ist nun frei in seinem Handeln.
Auch
andernorts hat Fini Bewegung ausgelöst. Pierfernando Casini, Führer
der UdC, kam sogleich mit dem Vorschlag einer „Regierung der
Fachleute", also lagerübergreifend, wegen der anstehenden Reformen
und des aktuellen Notstands (der Euro-Zone und der
Berlusconi-Regierung). Der Pd hat anfangs abgewinkt. Inzwischen
hat ex-Sekretär Franceschini erklärt, er sei zu allem bereit, um
Berlusconi loszuwerden. Und man diskutiert darüber, ob der Fini von
heute Gegner oder möglicher Gesprächspartner ist.
Die UdC
selber, um aus der 6%-Ecke herauszukommen, wird jetzt die Gründung der
Partei der Mitte in Angriff nehmen. Mit Rutelli zum Beispiel. Und Fini
wäre ihnen willkommen.
Das alles
braucht halt Zeit. Wenigstens bis zum Ende dieser Wahlperiode in drei
Jahren.
Aber nun ist
Berlusconi ein Minister wegen Korruptionsverdacht abhanden gekommen und
er fürchtet plötzlich, es könnte noch mehr treffen. Er vermag kaum
diesen einen zu ersetzen. Auch die UdC mag das Amt so
nicht haben.
Träten
weitere Minister zurück, könnte Berlusconi womöglich doch das Volk
abhanden kommen. Gleich, ob er der Opposition in einer großen Koalition
die Möglichkeit gäbe, sich zu profilieren. Oder er den
Staatspräsidenten Neuwahlen ausschreiben ließe – woran Bossi ihn
hindern muss, so lange er seinen Föderalismus nicht hat
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